Lampenfieber - Auge in Auge mit dem Löwen (2)

Teil 2: Erfolgreiche Strategien, um Lampenfieber zu bekämpfen

Tipps gegen Lampenfieber im Sport

Lampenfieber ist ein Prozess, der auf psychischer und körperlicher Ebene abläuft und darauf basiert, dass unser Gehirn eine Situation als bedrohlich einstuft. Mit Hilfe von Stresshormonen wird unser Körper in den sogenannten „Fight-or-Flight“-Modus versetzt.

Alle Körperfunktionen, die das Kämpfen oder Fliehen erleichtern, werden nach oben geschraubt, zum Ausgleich werden andere Funktionen reduziert. Soweit zur Zusammenfassung meines ersten Teils über das Thema.

Im zweiten Teil möchte ich euch Tipps und Tricks an die Hand geben, um den Umgang mit Lampenfieber zu erlernen. Nicht alle von euch werden diese Ratschläge benötigen, weil sie einfach keine Probleme mit dem Thema Lampenfieber haben. Es gibt Sportlerinnen, die von ihrer Persönlichkeit sehr gelassen und unbekümmert sind.

 

Ein gewisses Maß an Anspannung ist auch ganz normal, wenn ich vor Publikum und den Wertungsrichtern auf die Bahn gehe. Sie unterstützt mich sogar dabei, mich voll auf meine Aufgabe zu konzentrieren. Problematisch wird es erst, wenn die Anspannung zu groß wird und sich dadurch meine Leistung verschlechtert.

Solltest Du (manchmal) zu dieser Gruppe gehören, dann möchte ich Dir einige Hilfestellungen und Gedanken dazu an die Hand geben.

Pack es an oder versteck Dich!

Grundsätzlich gibt es für mich zwei Arten, sich mit dem Thema auseinander zu setzen.

Ich kann die Bedrohungssituation – sprich, den Wettkampf – meiden. Vor dem Problem davon zu laufen halte ich für die denkbar schlechteste Lösung, weil mir dann auf der anderen Seite viele positive Erfahrungen entgehen werden und ich in meinem Leben außerhalb des Sports schwierige Situationen auch nicht immer durch Davonlaufen lösen kann.

Oder – und das ist mein Vorschlag an Dich – Du arbeitest daran, dass dein Gehirn bestimmte Situationen nicht mehr als Bedrohung warnimmt. Wenn Du diesen Punkt erreicht hast, kommt es zu einer verminderten Hormonausschüttung und zu geringen körperlichen Reaktionen: Du beherrschst Dein Lampenfieber.

Lampenfieber-Strategien vor dem Wettkampf

1. Der erste Lösungsansatz ist einfach und lautet: Schaffe Dir einen „Plan B“

Mache Dir vor Deinem Wettkampf darüber Gedanken, was schief gehen kann und wie Du dann darauf am besten reagierst:

Der Hallenboden erfordert andere Rollen - verschiedene Rollen mitnehmen oder sicherstellen, dass ich sie mir ausleihen kann.

Ich mag das Essen nicht, das in der Halle verkauft wird - eigenes Essen vorbereiten und mitnehmen.

Ich stürze bei einem Sprung - aufstehen und schnell wieder in meine Kür zurück finden.

Diese und andere Vorbereitungen werden Dir Sicherheit geben. Unvorhergesehene Situationen gibt es nicht mehr!

 

2. Entspannungstechniken wie autogenes Training, Tai Chi, Yoga,

Atemübungen usw. können hilfreich sein. Allerdings müssen sie lange vorher trainiert werden, damit ich dann im Wettkampf schnell einen Effekt erzielen kann. Wer einen Bezug zu diesen Sachen hat, sollte es ausprobieren!

 

3. Wettkampfsimulation im Training. 

Gerade die jungen Läuferinnen sollten langsam an eine Wettkampfsituation heranführet werden, indem durch Trainer oder andere Läuferinnen die Zuschauer und die Wertungsrichter simuliert werden.

Bei Fortgeschrittenen Pflichtläuferinnen kann ich dazu noch beispielsweise die Bogenwahl verändern. Andere Rollen auf der gewohnten Bahn helfen ebenfalls dabei, dass die Sportler sich an ungewohnte Gegebenheiten gewöhnen.

 

4. Simuliere den Wettkampf vor Deinem inneren Auge! 

Dem Gehirn ist es nämlich fast egal, ob es sich bestimmte Handlungen nur vorstellt oder sie tatsächlich ausführt. Diese Art der Vorbereitung, die man übrigens in einer Variante oft im Fernsehen bei Profisportler beobachten kann, machst Du am besten in einem entspannten Zustand, beispielsweise wenn du abends im Bett liegst. Stell Dir in allen Einzelheiten vor, wie Du die Rollschuhbahn betrittst und fehlerfrei Deine Pflicht oder Kür absolvierst.

Wichtig ist, dass Du möglichst viele Sinne dabei aktivierst: wie riecht es? Was hörst Du, wie fühlt sich die Landung nach einem Sprung an,… So werden die Abläufe automatisiert und Du gewöhnst Dich an die Situation. Der Wettkampf stellt dann keine Bedrohung mehr da und Deine Angst nimmt ab. Wie auch im normalen Training ist es wichtig, dass Du dieses mentale Training regelmäßig durchführst.

 

5. Trainiere! 

Ein einfacher Tipp, aber wenn Du Dich selbst durch regelmäßiges Training gut vorbereitet hast, wird Dir das Sicherheit geben. Warst Du verletzt oder konntest aus anderen Gründen nicht gut trainieren, dann schraube Deine Erwartung herunter. Hier sind auch wir Trainer gefragt und müssen unseren Schülerinnen den Erwartungsdruck nehmen.

5 Tipps für den Wettkampftag

1. Bewege Dich! 

Der Körper bereitet uns mit der Ausschüttung von Hormonen auf Kampf oder Flucht, also auf Bewegung vor. Geben wir ihm diese Bewegung, werden die Stresshormone abgebaut. Kurz vor der Kür oder Pflicht kann Du das einbauen, indem Du einige Kniebeugen machst oder aus dem Stand nach oben springst.

 

2. Achte auf positive Selbstgespräche! 

Ist Dir schon einmal aufgefallen, dass manche Sportlerinnen nur negativ formulierte Sätze verwenden, wenn sie mit sich oder anderen reden? „Hoffentlich ist mein Axel nicht so schlecht wie beim letzten Wettkampf“, „bestimmt steige ich wieder aus bei dem Bogen“ oder oder oder. Sie programmieren quasi ihr Gehirn auf Misserfolg, weil sie es sich so lange einreden, bis es wahr wird.

Mach es besser und verwende nur positive Sätze: „Heute werde ich den Axel stehen“, „Dieses mal werde ich den Bogen ohne Aussteiger durchlaufen“ oder „ich bin gut vorbereitet“. Diese Technik hat nichts mit Esoterik oder ähnlichem zu tun, sondern wird von Profisportlern im Bereich des Mentaltrainings angewandt. An dieser Stelle können auch wir als Trainer unseren Läuferinnen Sicherheit geben, indem wir am Wettkampftag diese Technik verwenden.

 

3. Kopfhörer auf und ab geht es! Jeder von uns kennt ein paar Musikstücke, die

ihn so richtig pushen, ihm Energie geben oder ihn aber entspannen. Such Dir welche aus, die zu Dir passen und spiele sie auf Dein mp3-Player oder Handy. Kurz vor Deinem Auftritt gehört, schirmen sie Dich zum einen etwas von Deiner Umgebung ab und können Dir nochmal einen richtigen Energieschub geben. Achte dabei aber darauf, dass Du nicht Deinen Einsatz auf der Bahn verpasst.

 

4. Rituale sind wichtig! 

Sie entstehen oftmals in erfolgreichen, schönen Situationen und sind an Abläufe oder Gegenstände gebunden. Ich kann damit meinem Gehirn vermitteln, dass ich mich in einer gewohnten Umgebung befinde, wo alles an seinem Platz ist: das Stofftier, das T-Shirt oder eine Geste, die ich kurz vor dem Auftritt immer mache. Damit wirkt eine unbekannte Situation weniger bedrohlich für unser Gehirn.

 

5. Energiemangel verursacht Stress! 

Da bei starkem Lampenfieber kein Hungergefühl vorhanden ist, besteht die Gefahr, dass ich am Wettkampftag zu wenig esse. Energiemangel bedeutet für unseren Körper jedoch ebenfalls Stress – neue Energie muss schnell beschafft werden – weshalb ihr darauf achten solltet, etwas zu essen. Wenn Du keinen Hunger verspürst, dann versuche es mal mit kleinen Portionen wie einer Banane oder ein paar Nüssen.

Beruhigungsmittel und Medikamente gegen Lampenfieber

Auch diesen Punkt möchte ich ansprechen. Die Pharmaindustrie bietet uns hier scheinbar einfache Lösungen für das Problem an. Vor jedem Wettkampf eine Pille und das Lampenfieber ist weg. Leider ist es nicht weg, sondern mit der Pille kann ich nur die Ausschüttung meiner Stresshormone blockieren. Die Symptome werden unterdrückt, die Ursache für das Lampenfieber aber bleibt. Mein Gehirn wird weiterhin Bedrohungen war nehmen, wo keine sind.

 

Ich halte nichts von diesen Mitteln. Abgesehen von den Nebenwirkungen ist es für mich eine grundsätzliche Frage, ob ich möchte, dass meine Schülerinnen auf diese Art und Weise mit Schwierigkeiten umgehen. Sie sollen im Sport lernen, sich mit damit auseinander zu setzen und diese Hindernisse zu bewältigen. Das gilt für das Thema Lampenfieber, einen schwierigen Sprung oder den Umgang mit den anderen Sportlern. Einmal erlernt, ist diese Fähigkeit auch für das Leben außerhalb der Rollkunstlauf-Halle unheimlich wertvoll.

Was ist zu tun?

Wenn Du zu denen gehörst, die Probleme mit dem Thema Lampenfieber haben, dann fang jetzt sofort damit an, daran zu arbeiten. Mach Dir Gedanken, welche Situationen Dein Gehirn als Bedrohung empfindet? Suche Dir dann einige der Tipps heraus und setzte sie um.

Wenn Du selbst eigene Tipps gegen Lampenfieber hast, würde ich mich freuen, wenn Du sie hier in die Kommentare schreibst und damit den anderen hilfst. Ich bin gespannt!


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